13.01.2022

Upcycling Möbel - ein neuer Lifestyle?

Upcycling hat mittlerweile auch in der Möbelbranche stark an Bedeutung gewonnen. Was dahinter steckt und wie es funktioniert? Upcycling Start-up Gründer Josef Papousek im Interview.

Text und Interview von Anna-Maria Felbermayer, Content & PR Management

 

Für Josef Papousek ist Upcycling ein Lifestyle. Mit seinem Label “Mocca Mint” geht er einen anderen Weg. Warum der Start-up Gründer vorerst keinen klassischen Onlineshop hat und wie er die Möbelbranche mit Upcycling umkrempeln möchte, erzählt er im Interview. 

RX: Sie haben ein Upcycling Start-up gegründet. Aber was bedeutet Upcycling konkret?

Josef Papousek: Es gibt einen Unterschied zwischen Re- und Upcycling. Recycling wird auch als Downcycling bezeichnet. Hier wird etwas wiederverwendet und es entsteht etwas Neues daraus, allerdings meistens in einer etwas milderen Qualität. Aus Altpapier kann beispielsweise wieder neues Papier entstehen, aber zu einer reduzierten Qualität.

Und bei Upcycling wird die Qualität gesteigert?

Papousek: Ja, genau. Upcycling ist das Gegenteil von Recycling. Es entsteht etwas qualitativ Höherwertiges. Aus alten Weinfässern lassen sich beispielsweise wunderschöne neue Tische machen. 

© Josef Papousek
Josef Papousek lebt auch Zuhause den Upcycling Lifestyle.

Produkte, die sich wieder verkaufen lassen…

Papousek: … Richtig. Wir haben uns mit der Marke „Mocca Mint“ zum Ziel gesetzt, Wohnen mit konsequenter Ressourcenschonung zu verbinden. Einerseits wollen wir Menschen im Rahmen unserer Community motivieren ihre Dinge nicht einfach wegzuschmeißen, sondern weiterzuverwenden oder reparieren zu lassen. Andererseits ermutigen wir, wenn der Bedarf nach einem neuen Möbelstück gegeben ist, nach Alternativen zu suchen, wo die Basis vorhandenes Material ist. Dadurch werden wertvolle Ressourcen, wie beispielsweise unser Wälder, geschont.

Produzieren Sie die Produkte selbst?

Papousek: Wir haben Partnerproduzenten in ganz Europa, die qualitativ hochwertige Upcycling Produkte herstellen. Diese Leute sind sehr kreativ. Die zaubern beispielsweise aus einem Hamburger Ölfass einen Couchtisch, der nicht nach Garagenarbeit aussieht, sondern in einem schönen nordischen Design. Da steckt echtes Handwerk, Qualität und eine Geschichte dahinter. Diese Geschichten unserer Produkte wollen wir erzählen, denn die Menschen lieben es, Geschichten zu ihren Dingen die sie Zuhause stehen haben, zu erzählen.

Wie kamen Sie auf die Idee, ein Upcycling Start-up zu gründen?

Papousek: Als ich mit meinem Sohn ein Regal eines großen Möbelherstellers zersägt habe, um es für eine Nische in seinem Zimmer passend zu machen, waren wir geschockt, dass das vermeintliche Holzregal nur aus millimeterdünnem Furnier gefüllt mit Karton bestand. Es fiel nach dem Zuschnitt in sich zusammen und war nicht mehr zu gebrauchen. Da habe ich erstmals gedacht, dass das doch bessergehen muss. Möbel oder Materialien, die nicht mehr passen, alt oder gebraucht sind, sollten doch vor dem Wegwerfen gerettet werden können. 

© Josef Papousek
Der Weinständer Chardonnay Eiche ist aus einer Daube eines ca. 60 Jahre alten Weißweinfasses gefertigt.

Und so gründeten Sie das Label “Mocca Mint”?

Papousek: Ja, über ein Jahr hinweg ist diese Idee gewachsen. Mich hat es schon immer fasziniert und inspiriert, gute Möbelstücke und Accessoires des täglichen Lebens mit all ihren Facetten zu erfahren und zu fühlen. Da war der Weg plötzlich klar: Menschen mit Hang zur Nachhaltigkeit großartiges und gleichzeitig nachhaltiges Interior Design zugänglich machen. Genau das will ich mit der Eröffnung unseres Open Space Stores ermöglichen. Der gesamte Entstehungsprozess war sehr spannend und ich konnte viele tolle Menschen kennenlernen. Menschen und ihre Upcycling Produkte mit Ecken und Kanten, so vielschichtig wie das Leben. So entstand „Mocca Mint“.

Ich habe bei Ihnen den Leitsatz „Nachhaltigkeit als Lifestyle“ gelesen. Was meinen Sie damit?

Papousek: Nachhaltigkeit, oder auch Upcycling, wird oft als Trend bezeichnet. Das ist für mich veratltet und irgendwie schräg. Trend ist etwas, was beginnt und dann relativ bald wieder endet. Aus der Bekleidungsbranche kennt man das ja gut. Ich finde, das Thema Recycling-Upcycling oder auch Nachhaltigkeit darf einfach kein Trend sein, das muss ein Lifestyle sein. Unser Ziel ist es, Menschen in unser Geschäft einzuladen, um mit ihnen darüber zu sprechen, ob sie ihren Lifestyle ein Stück weit ändern oder erweitern wollen.

Sie sprechen davon, dass Sie mit Kunden vor Ort im Geschäft in Austausch gehen möchten. Kann man Ihre Produkte auch in einem Onlineshop kaufen?

Papousek: Ich habe mich bewusst noch nicht für einen klassischen Webshop entschieden, da er für mich schwer mit gelebter Nachhaltigkeit zu verknüpfen ist. Wir möchten unsere Kunden dazu bewegen, dass sie zu uns in den Shop kommen. Das heißt, es gibt ab Anfang April 2022 einen physischen Shop, der aktuell als Open Space Store designt wird.

Wie sieht dieses Shop-Konzept im Detail aus?

Papousek: Einerseits handelt es sich um eine szenige Möbelboutique mit Wohn- und Lifestyleaccessoires. Gleichzeitig finden sich dort auch Menschen, die im Design tätig sind und unseren Open Space Arbeitsplatz nutzen können. Unsere Kunden können so das Einkaufserlebnis in Wohnzimmeratmosphäre genießen und sich von ambitionierten Experten beraten oder sich einfach die Geschichten zu den Produkten erzählen lassen. 

Das geht in einem Webshop nicht…

Papousek: Genau. Wir wollen Impulse geben und inspirieren. Und das geht besser im persönlichen Gespräch. Es wird natürlich einen Verkaufskanal geben, um auch Kunden, die einen weiteren Weg zurücklegen müssten, bedienen zu können. Ich möchte aber nicht einen kleinen Kerzenhalter per Post versenden, denn der hinterlässt einen großen CO2-Fußabdruck und unnötigen Müll. Das passt nicht zu unserem Umweltgedanken. Außerdem finde ich es sehr wichtig, dass man auf die verschiedenen Wohntypen eingeht. Das geht auch nur persönlich. 

Kann man zu Ihnen auch mit alten (Möbel-) Stücken kommen?

Papousek: Noch nicht, da wir aktuell die Restaurierung von Möbeln nicht anbieten. Natürlich ist jeder herzlich willkommen zur gemeinsamen Ideenfindung oder Diskussion, wie man selber im Privatbereich Upcycling leben kann. Zudem stellen wir gerne den Kontakt zu unseren Produzenten her, wenn für den Upcycling Prozess geeignetes Material wie beispielsweise Altholz aus Dachbalken vorhanden ist. 

Gibt es ein besonders außergewöhnliches Stück in Ihrem Portfolio?

Papousek: Alle Produkte sind besonders, weil sie alle ihre eigene Geschichte haben. Wir suchen unsere Partner sehr selektiv aus, gehen in die Werkstatt, um zu sehen ob die Produkte unseren Qualitätskriterien entsprechen und um die persönliche Geschichte dahinter zu erfahren. All das werden wir auf der Messe “Wohnen & Interieur” im März 2022 im Rahmen der Sonderschau präsentieren. 

Was bedeutet Design für Sie?

Papousek: Ich spreche von gutem Design, wenn mir das Möbelstück auf Anhieb gefällt. Ich muss sofort ein warmes, angenehmes Gefühl bekommen, wenn ich dieses Stück anschaue, egal ob es jetzt der Blumenübertopf ist oder ein großer Esstisch. Es muss meinen Blick fangen können. Das kann auch ein günstiges, kleines Stück sein, das muss nicht ein Designstück eines weltberühmten Designers sein. Aber am besten nachhaltig hergestellt :-) 

© Josef Papousek
Der Fass-Couchtisch hat noch nie Öl gesehen und basiert dennoch auf einem echten Hamburger Ölfass.

Sie sind bei der Messe „Wohnen & Interieur“ im März 2022 mit einer Sonderschau vor Ort. Worauf können sich die Besucher freuen?

Papousek: Wir werden Beispiele für Upcycling zeigen, die überraschen werden - und umfassende Informationen zur Verfügung stellen. Damit meine ich sowohl Möbel als auch Accessoires, bei denen man am ersten Blick gar nicht erkennt, dass es sich um Upcycling handelt. Man kann sich sowohl mit Produzenten, als auch mit uns austauschen. Auch mit dem Standdesign werden wir das Thema Upcycling transportieren. Zudem werden wir mit den Besuchern in einen Dialog gehen und ihnen die Upcycling Community als Alternative zur aktuellen Fast-Furniture Bewegung näherbringen. 

 

Wir sind schon sehr gespannt auf Ihren Stand. Vielen Dank für das Gespräch!