06.11.2020

Dreikant: Wie ein Start-up die Möbelindustrie revolutioniert

Verrückt? Für manche. Revolutionär? Mit Sicherheit. Wie drei Freunde mit ihrer neuen Möbelmachart für Aufsehen in der Holzindustrie sorgen. Ein exklusiver Blick hinter die Kulissen.

Text und Interview von Tamara Effler, Content Management

Am Anfang hielten sie viele für verrückt. Mittlerweile gibt ihnen der Erfolg aber recht. Drei beste Freunde sorgen bei der Produktion von Tischplatten für eine Revolution. Mario Siller, Matthias Lienbacher und Stefan Rehrl leimen nämlich nicht mehrere Holzstücke zu einer Platte zusammen, sondern kaufen einen ganzen Baumstamm. Natürlich nur von regionalen Lieferanten, ganz im Sinne der Nachhaltigkeit. Aus einem Stück Natur werden so drei bis vier Tischplatten. Jedes Möbelstück ist ein Unikat. 2020 hat das innovative Start-up das Sortiment mit der Wohnmöbel-Linie "Craft Line" erweitert und einen Concept Store in Wien eröffnet.

Als Stammaussteller der "Bauen & Wohnen Salzburg" hat uns Matthias Lienbacher nun einen Einblick in seine Welt gegeben, den Sie so wahrscheinlich noch nicht kannten. 

© Marco Riebler
Stefan Rehrl, Matthias Lienbacher und Mario Siller (v.l.n.r.): Senkrechtstarter mit internationalen Ambitionen.

Reed Exhibitions:  Herr Lienbacher, Tischplatten aus nur einem einzigen Baumstamm fertigen, hat sich diese Idee bei einem Waldspaziergang entwickelt?

Matthias Lienbacher: Naja fast. Uns drei hat das Vorbild Natur schon immer gereizt. Dem passen wir unsere Möbelstücke an, denn nur so können wir jede Tischplatte auch cool in Szene setzen.

Bekanntermaßen hat sich diese Idee gegenüber anderen durchgesetzt. Aber wie lange braucht es bis der Baumstamm als Tisch ins Esszimmer wandert?

Lienbacher: Vom Wald weg? Das kommt auf die Holzart an. Zwei bis fünf Jahre ist ein Stamm in der Lufttrocknung. Dann kommt die Kammertrocknung. Danach folgen sechs bis zwölf Wochen Produktionszeit. Also insgesamt dauert es zwischen drei und fünf Jahre.

© dreikant.at
Dreikant setzt einen einzigen Baumstamm als Esstisch cool in Szene.

Bis zu fünf Jahre? Ziemlich lang. Geht sich das mit der Nachfrage denn aus?

Lienbacher: Dank unseres exklusiven Netzwerks können wir mittlerweile fast alle Wünsche verwirklichen. Wichtig bei unseren Partnern und Lieferanten: Sie müssen gleich ticken wie wir. Solche Bäume können und dürfen nie zur Massenware werden – die Verarbeitung dieser Giganten muss mit Andacht und behutsam passieren.

Wohnmöbel aus Österreich: Mit der „Craft Line“ haben Sie heuer Ihr Sortiment erweitert. Erfolgt die Produktion auf dieselbe Art?

Lienbacher: Fast. Nur das Design ist standardisiert. Die Produktion läuft bei uns auf Bestellung. Hier wird wirklich für jeden Kunden separat gefertigt.

Ein weiterer Expansionsschritt war die Eröffnung des Concept Stores in Wien. War der Erfolg überraschend?

Lienbacher: Sagen wir so, er war erhofft. Unsere Ziele waren immer etwas crazy. Wie unsere Tische, wollten wir alles anders machen. Uns klar vom Mainstream abheben. Dabei hatten wir nicht nur Befürworter, sogar unsere Eltern rieten uns am Anfang von unserer Idee ab. Viel zu viel Risko, hieß es. 

No Risk, no Fun also. Aber haben Sie selbst nie gezweifelt?

Lienbacher: Was soll ich sagen, das Risiko haben wir drei nie gesehen. Wir hatten nichts zu verlieren, und es war einfach das, was wir immer machen wollten.

Eine sehr entspannte Einstellung.

Lienbacher: Diese Leichtigkeit haben wir uns am Anfang gegönnt. Die ersten eineinhalb Jahre waren wir nebenbei noch voll erwerbstätig. Finanziell gab es also nie den Druck eine gewisse Anzahl Tische pro Monat zu verkaufen.

Ist das mit 15 Mitarbeitern und vier Standorten so geblieben?

Lienbacher: Natürlich ist es jetzt anders als in unseren Anfängen. Damals waren wir nur für uns selbst verantwortlich. Die anfängliche Leichtigkeit haben wir uns trotzdem bewahrt. Unser Wachstum war schrittweise und in Wellen. Wir verstärken uns dort, wo es Sinn macht.

Wo macht es denn Sinn?

Lienbacher: Wenn ein Bereich dauerhaft über Normalbetrieb läuft oder wenn uns anderer Input weiterbringt, dann investieren und wachsen wir dort.

Ihr Team ist relativ jung. Wäre es eine Idee die Belegschaft mit Älteren und damit mit mehr Erfahrung zu ergänzen?

Lienbacher:  Das haben Sie richtig erkannt. Bis vor vier Monaten war der älteste Dreikant-Mitarbeiter 29. Was etwas schräg war, denn das war keiner von uns Gründern. Wir bleiben aber nicht zwangsweise jung. Unser frischester Teamzuwachs ist nämlich 50. Speziell bei Tischlern ist es cool mit jemandem zu arbeiten, der das Handwerk schon Ewigkeiten intus hat. Auch wenn unser Verarbeitungskonzept einzigartig ist, andere Sichtweisen bringen uns dennoch vorwärts. 

© siweiss.com
Dreikant wächst: Der Concept-Store in Wien war nicht der letzte Expansionsschritt. 

Wollen Jugendliche überhaupt noch Handwerker werden?

Lienbacher: Für Jugendliche steht eine Lehre oft nicht an erster Stelle, dennoch wird sie immer beliebter. Mein Cousin wollte eigentlich studieren. Durch einen Nebenjob bei uns hat er aber erkannt, dass er viel lieber handwerklich arbeiten würde. Gerade hat er seine Zimmererlehre abgeschlossen und ist super happy. Das zeigt mir, dass es bei den jungen Leuten cooler wird einen Handwerksberuf zu erlernen.

Ihre Tische sind nicht billig. Mal ehrlich: Werden wir in Ihrem Haushalt Möbel von Ikea und Co finden?

Lienbacher: Ja. Alles zu seinem Anwendungszweck. Ich würde jetzt keinem raten, sich von uns die Speisekammer einrichten zu lassen. Fakt ist aber auch, dass ich seit der Dreikant-Gründung meine Möbel selber baue anstatt sie zu kaufen.

Interessant ist, dass Sie mit Ihren Kunden selten über den Preis diskutieren.

Lienbacher: Ich vergleiche das immer mit einem Porsche in der Garage. Niemand fragt, warum das Auto teuer ist. Genauso hat schönes Handwerk seinen Preis. Entweder es ist es mir wert oder eben nicht.

Ein Dreikant-Tisch im Esszimmer ist also wie ein Porsche in der Garage?

Lienbacher (lacht): Fast ja. Unser Ansatz war eine starke Möbelmarke aufzubauen. Bestes Beispiel: Letztens war ein Pärchen bei uns, welches gerade ihr Haus einrichtet. Die beiden freuen sich endlich einen Dreikant-Tisch zu besitzen. Für sie ist es ein richtiges Statussymbol.   

Werfen wir einen Blick in die Zukunft: Welcher Superstar soll in fünf Jahren von einem Dreikant-Tisch essen?

Lienbacher: Sehr schwierig, aber Arnold Schwarzenegger wäre definitiv passend. Eine steirische Eiche in seinem Esszimmer würde er sicher ziemlich cool finden.

© dreikant.at
Speist Arnold Schwarzenegger bald von diesem Dreikant-Tisch aus steirischer Eiche?